Es war wie ein Rausch: musica assoluta mit Dirigent Thorsten Encke in der Elbphilharmonie Hamburg - ausverkauftes Haus, Ovationen und ein tief berührtes Publikum: The ocean is a noisy place - die akustische Welt des Ozeans mit Musik von Claude Debussy und Thorsten Encke und Originalsounds aus den Tiefen des Meeres.
Mit:
Prof. Dr. Antje Boetius. Meeresbiologin
Tanja Tetzlaff. Violoncello
cylixe. Media Artist
musica assoluta
Thorsten Encke. Dirigent
Programm:
Claude Debussy (1862-1918)
"...Ce qu'a vu le vent d'Ouest" für Ensemble
Jana Winderen (*1965)
aus: "The Wanderer" - electronics (2016)
Prof. Dr. Antje Boetius
"Was uns der Ozean erzählt" - performativer Vortrag
Thorsten Encke (*1966)
"Black Ice" for cello solo & electronics (2020)
"Deep blue" Percussion Improvisation
Thorsten Encke (*1966)
"It is noisy in the ocean…" for ten players & electronics (2022)
Claude Debussy (1862-1918)
"La Mer" (1905) bearbeitet für Kammerorchester von Thorsten Encke
Worum geht es?
Seit Tausenden von Jahren ist das Meer Schauplatz von Eroberungen und Entdeckungen, von Krieg, Handel und Flucht. Es besänftigt und verschlingt, fasziniert und erschreckt. Es wird ausgebeutet und vergiftet. Es bedeckt 70% der Erdoberfläche und enthält 80% allen Lebens auf der Erde. 90% der durch die globale Erwärmung erzeugten Wärme werden vom Ozean absorbiert und 80% der weltweiten Sauerstoffproduktion kommen aus dem Meer. Es ist die Lunge unsers Planeten, der folglich eher ”Meer“ als ”Erde“ heißen sollte. Und obwohl meereskundliche Expeditionen eine lange Tradition haben, sind die Weltmeer noch kaum erforscht. In Bezug auf das gesamte Volumen kennt der Mensch nur etwa 5% des Lebens im Ozean. Damit wissen wir von der Tiefsee weniger als vom Mond.
Die Unberechenbarkeit dieser Naturgewalt zieht seit jeher viele Komponisten in ihren Bann, wie Kompositionen vom Barock bis in unsere Zeit bezeugen. Wie aber klingt das Meer für seine Bewohner? Erst in jüngster Zeit lernen wir mithilfe neuer Technologien die Klangwelt der Ozeane kennen. Wir beginnen zu verstehen, dass Säugetiere, Fische und Krustentiere, die ihre gesamte Existenz unter der Wasseroberfläche verbringen, ein eigenes akustisches System zu ihrem Überleben brauchen. Es ist eine sensible akustische Welt, in der Lebewesen mitunter über tausende von Kilometern miteinander kommunizieren. Mit Schiffsmotoren, Bohrinseln, Explosionen und U-Boot-Sonaren, Windrädern und dem Bau von Häfen und Pipelines erfüllen Menschen das Meer mit Lärm. In den letzten 50 Jahren hat die sogenannte Anthropophonie exponentiell zugenommen. Wir beginnen zu realisieren, dass diese die oft filigranen Abläufe des Ökosystems empfindlich stört, ja, dass der Lebensraum Ozean hierdurch immer mehr bedroht wird.
Zur von den UN ausgerufenen Decade of Ocean Science 2021-2030 hat das innovative hannoversche Ensemble musica assoluta ein Projekt konzipiert, das spartenübergreifend Wellen schlagen soll. Initiiert wurde es von Komponist und Dirigent Thorsten Encke, der sich intensiv mit den Klängen des Ozeans befasst und mehrere Kompositionen zum Thema veröffentlicht hat. So finden sich in seiner Komposition It is noisy in the ocean viele Beispiele für Meerestiergeräusche. Mitunter grunzt es und quakt, man hört Klicken und Schnappen. Wale, Delfine und Tümmler, aber auch Fische und Krustentiere nutzen diese Laute, um Nahrung zu finden und sich zu schützen, um Partner anzulocken und Feinde abzuwehren. Durch das Aussenden kurzer Schallimpulse nehmen sie Echos wahr und orientieren sich. Aber sie "singen" auch gemeinsam in faszinierender und berückender Art. It is noisy in the ocean lädt ein, den Meerestieren nicht nur zuzuhören, sondern ihre Botschaften zu verstehen: Es sind Nachrichten zum Gesundheitszustand ihres Lebensraumes und unseres gemeinsamen Planeten, irritirend schön, beängstigend fragil und auf berückende Art Hoffnung spendend.
Foto Credit: Alfred-Wegener-Institute / Esther Horvath