next ocean concert: Elbphilharmonie Hamburg, 29.10.24
"Die Musik von Encke hilft uns, die Schönheit der Natur im Klang wiederzuentdecken. Das Hören der Töne der Tiere und der Musik vermittelt auf unmittelbare Weise die sinnliche Erkenntnis vom Eigenwert dieser Natur... Dadurch schafft der Komponist einen Zugang zum Meer, der es in seiner begrifflich unerreichbaren Komplexität zur Anschauung bringt."
- der Philosoph Prof. Dr. Jürgen Manemann über "The ocean is a noisy place" in seinem Buch "Rettende Umwelt Philosophie" (transcript Verlag, Bielefeld, 2023)
Mit Beginn der "UN-Decade of Ocean Science" (2021-2030) widmete sich der Komponist Thorsten Encke einem Forschungsvorhaben im Bereich der Meeresakustik, um das eigene Bewusstsein für die Welt der Unterwassergeräusche zu schärfen und die Erfahrungen mit den Menschen musikalisch-künstlerisch zu teilen. In Zusammenarbeit mit dem Team des Ensembles musica assoluta, der Meeresbiologin Dr. Stephanie Plön und der Videokünstlerin cylixe entstand ein beeindruckendes Kulturerlebnis, das weit über ein „normales“ Konzertprogramm hinausgeht - mit Musik, originalen Klängen aus den Tiefen des Meers, Visuals und Wissensvermittlung. Grenzen zwischen Forschung und Kunst werden aufgebrochen – alles gemeinsam wird zu einem brandaktuellen Sprachrohr einer bedrohten Artenvielfalt.
DIE FASZINIERENDE KLANGWELT DES OZEANS
Wie klingt das Meer? Sanftes Wind- und Wellenrauschen fallen uns bei dieser Frage vielleicht als Erstes ein. Claude Debussy hat in "La Mer" auf seine Weise geantwortet - seit jeher zieht die Faszination dieser Naturgewalt mit ihren geheimnisumwobenen Tiefen viele Künstler*innen in ihren Bann. Aber wie hört sich die Welt an für die Lebewesen, die ihre gesamte Existenz unter der Wasseroberfläche der Ozeane, die immerhin über 70% des Erdballs ausmachen, verbringen, und wie nutzen sie diese einzigartige Akustik zum Überleben? Was ist die Rolle des Menschen?
"The ocean is a noisy place" erzählt von der faszinierenden, kraftvollen, aber auch bedrohten akustischen Welt des Ozeans.
EIN BEWUSSTSEIN FÜR DIE PHÄNOMENE DES LEBENS SCHAFFEN...
Mit der einleitenden Musik wandelt sich die Atmosphäre im Saal. Bläuliches Licht und die diskret beginnende Videokunst geben dem Raum die Anmutung ozeanischer Tiefe. Die Zuhörer erleben nie gehörte Geräusche der Unterwasserwelt und werden über die audio-visuelle Wahrnehmung hypnotisch in Bann gezogen. Die Musik von Claude Debussy mündet in die kaum auszuhaltende Stille der hydrophonischen Klanglandschaften der norwegischen Medienkünstlerin und Forscherin Jana Winderens. Cellistin Tanja Tetzlaff lässt den Sound des »Black Ice« erklingen. Hier setzt der performative Vortrag der Meeresbiologin Prof. Dr. Antje Boetius (Alfred-Wegener-Institut) über den Reichtum ozeanischen Lebens und dessen Bedrohung an und geht über in die fulminante Improvisation "Deep blue", mit der uns die Schlagzeugerinnen*innen des Ensembles in die akustischen Tiefen des Ozeans entführen – um sich anschließend in Thorsten Enckes „It is noisy in the ocean“ zu entspannen. Hier werden Tierlaute zum Material für eine innovative Komposition, in der es beständig zwischen lebendigen Geräuschfeldern und flirrenden Klangflächen pulsiert. Attacca geht Enckes Werk in Debussys „La Mer“ über - bearbeitet für Kammerorchester - energiegeladen und tief berührend.
MUSIK UND WISSENSCHAFT KÜNSTLERISCH VERBUNDEN
Der Ozean ist voller Geräusche. Unterwasserschall wird durch eine Vielzahl natürlicher Quellen wie Wellen, Regen und Wildtiere erzeugt. Unterwassergeräusche ermöglichen es den Lebewesen im Meer, Informationen auszutauschen und über große Entfernungen zu kommunizieren. Die komplexen akustischen Phänomene sind uns immer noch ein Rätsel. Aber die Forschung geht in großen Schritten voran. Zunehmend lernen wir, dass Meeresbewohner akustische Wesen sind und auf ein intaktes akustisches Übertragungssystem angewiesen sind.
Unterwasserschall wird auch von künstlichen Quellen wie Schiffen, Sonaren, Sprengungen oder Windparks erzeugt. In den letzten 10 Jahren hat sich der Menschen-gemachte Lärm in den Ozeanen mehr als verdoppelt. Die Wissenschaft steht erst am Anfang eines Prozesses, um zu verstehen, inwieweit diese Geräusche die natürliche Klanglandschaft des Ozeans übertönen und das Leben im Meer bedrohen.
Das nächste Ocean-Konzert: Elbphilharmonie Hamburg, 29.10.24
PROGRAMM
Claude Debussy (1862-1918)
"...Ce qu'a vu le vent d'Ouest" für Ensemble
Jana Winderen (*1965)
aus: "The Wanderer" - electronics (2016)
Prof. Dr. Antje Boetius
"Was uns der Ozean erzählt" - performativer Vortrag
Thorsten Encke (*1966)
"Black Ice" for cello solo & electronics (2020)
"Deep blue" Improvisation
mit jungen Schlagzeugern*innen
Thorsten Encke (*1966)
"It is noisy in the ocean…" for ten players & electronics (2022)
Claude Debussy (1862-1918)
"La Mer" (1905) bearbeitet für Kammerorchester von Thorsten Encke
Prof. Dr. Antje Boetius. Meeresbiologin
Tanja Tetzlaff. Violoncello
cylixe. Media Artist
musica assoluta
Thorsten Encke. Dirigent